Vor der Urteilsvollstreckung

Category: Poetry
(Der Tschertschetenfürst*)
Der Tag ist da. Es muß gestorben sein.
Öd ist der weite Platz, auf dem wir stehen.
Die Sonne sinkt. Sie will nicht Zeuge sein,
wie wir vergehn, will feigen Mord nicht sehen.

Das Gras ist naß. Wie Tränen glänzt der Mau.
Die Erde weint, mit so viel Leid beladen.
Der Wald, die Hügel, selbst das Himmelsblau
verbergen schaudernd sich in Nebelschwaden.

Die Luft weht kalt. Der nackte Fuß nur spürt
die Wärme, die emporsteigt aus den Gründen
der Mutter Erde, die uns zärtlich rührt,
wie wir am Mutterherzen Tröstung finden.

So sei getrost: Nicht zittern wird das Herz,
solang die Füße stehn auf dieser Erde.
Ein Name glüht in mir wie rotes Erz
ihn ruf ich feindwärts, wenn ich sterben werde.

Die Henker kommen, Diener der Tschertscheten:
Die Nasen tropfen, Augen sind gerötet.
Sie sollen wissen: Wenn sie uns auch töten,
ein Name lebt! Dies Wort wird nie getötet!

Wenn wir zum Henker an den Richtblock treten,
in die Visagen, geil auf unser Blut,
schrein wir dies Wort, verfluchen die Tschertscheten,
und selbst die fernsten Völker hörn uns gut.

Es kommt der Tag, da hält das Volk Gericht
und lädt zu Zeugen, die das Richtbeil traf.
Dann, mein mit Blut geschriebenes Gedicht,
klag an: Tschertscheten — netsischaF!

* Der Tachertschetenfürst ist eine Figur aus einem tatarischen Poem von A. Ißhak. Zu konspirativen ‚Zwecken setzt Dshalil Tschertscheten und Faschisten gleich. Am Heftrand steht in arabischer Schrift „aktsischaf”, was, rückwärts gelesen, „an den Faschisten“ heißt.
1943