Im Traum ist mir mein Töchterchen erschienen.
„Wie schön ists“, sprach es, „daß du bei uns bist.
Sieh unsre Augen, unsre trüben Mienen,
wie lang ists her, daß du verschollen bist.“
Ich preßte an die Brust die liebe Kleine,
o Freude, Glück, du raubst mir den Verstand!
Ich schäme mich der Tränen nicht, ich weine,
Wie heiß, wie tief ist meines Herzens Brand.
Wir schritten über eine weite Wiese,
wie Schiffe teilten wir ein Blumenmeer.
Das Glück der Liebe schaffte Paradiese,
endloses Blau, Lichtflut war um uns her.
Ich schlug die Augen auf, die graue Zelle
empfing mich wieder, und der kalte Stahl
der Fesseln glänzte in des Morgens Helle,
auf mein Erwachen wartete die Qual.
Weshalb raubt mir ein Traum den Seelenfrieden
ein Traum vom Frühling in vergangner Zeit?
Warum ist mir nur träumend Glück beschieden
und meine Wirklichkeit nur Not und Leid?
September 1943