Als Faruk neunzig Jahr geworden war,
saß eines Morgens er, schon lange wach,
in seinem Bette, strich das weiße Haar
sich aus der Stirn und dachte gründlich nach.
Dann stand er auf und sagte: „Lang gelebt
hast du, mein Alter! Langsam wird es Zeit,
ans Grab zu denken, denn kein Mensch erlebt
in dieser Welt schon seine Ewigkeit.
Die Freuden und das Glück der Erdenwelt
hast du genossen, auch so manche Plag;
daß man den Tod nicht um die Zeche prellt,
das weißt du gut. Denk an den letzten Tag!“
So sprach der Alte, zog sich an dabei,
und will den Sarg bestelln. Doch bei der Tür,
dicht neben jener Särgetischlerei,
auf gleicher Schwelle fast, ist der Barbier.
Als er die Tür zum Tischler öffnen will,
kommt aus der andern Türe auf ihn zu
ein frisch frisiertes Mädchen: Weißer Tüll,
die Wangen rot und rot die leichten Schuh.
Die Augen strahlen Feuer. Sie ist schön.
Welch Herz schlägt nicht gewaltig bei dem Blick?
Welch Alter könnt der Jugend widerstehn?
Welch Tod tritt da nicht reuevoll zurück?
Des Mädchens Blick ist voller Zauberei.
Des Alten Blut pulst wieder warm und rot.
Sie fragt und lächelt ungläubig dabei:
„Wie, Väterchen! Tut denn ein Sarg schon not?“
„Ach, Töchterchen“, sagt er, „was soll ein Sarg?
Wer wird so jung sich mit dem Tod befassen?
Der Bart, du Liebe! Schau doch her: der Bart
ist ganz verwildert, will ihn richten lassen!“
1943